Jubiläumsjahr 2024 im August Horch Museum

Interview mit Thomas Stebich zum künftigen Stellenwert des Themas Trabant und weitere Höhepunkte

Im August Horch Museum in Zwickau stehen 2024 vier Höhe punkte ins Haus. Für Trabantfreunde besonders interessant: Am 1. Juni wird an den Serienanlauf des P601 vor dann sechzig Jahren erinnert. Ein weiteres Jubiläum ist der 20. Museumsgeburtstag. Zweimal darf zudem an August Horch erinnert werden, der vor 125 Jahren in Köln-Ehrenfeld sein erstes Unternehmen gegründet und seinen Zwickauer Betrieb dann vor 120 Jahren eröffnet hatte. Was hierzu geplant ist und welche Rolle der Trabi im künftigen Konzept spielt, dazu sprach Olaf Seifert mit Museumsleiter Thomas Stebich.

Die Pandemie und langdauernde Straßenbauarbeiten im Museumsumfeld hatten Ihr Haus vor Herausforderungen gestellt. Wie zufrieden sind Sie nun mit der Saison ’23?

Wir können nicht klagen, mit durchschnittlich 7.500 Besuchern pro Monat ist der Stand von vor Corona wieder erreicht. Wir rechnen mit über 90.000 Gästen in 2023. Die eben zu Ende gegangene Sonderausstellung „Windschnittig? Automobil und Aerodynamik” fand überregional breites Interesse. Ich bin darum optimistisch, dass eine zweite Schau zu dem Themenkreis, die ab Dezember geöffnete Exposition „Form vollendet? Aerodynamik im Automobildesign” die Erfolgsgeschichte fortschreibt. Herausragend in diesem Jahr war der Zuspruch auf unser Museumsfest am 22. und 23. Juli mit der Oldtimerfahrt ,Horch-Klassik’.”

Einen Wermutstropfen gab es für Trabi- und IFA-Freunde freilich, denn „August Horch” wird das ITT künftig nicht mehr veranstalten. Warum nicht?

Als großes Fahrzeugmuseum in Zwickau müssen wir uns auf unsere Kernthemen und -aufgaben konzentrieren. Automobile Vergangenheit an der Geburtsstätte von Audi, an einer wichtigen Produktionstätte der Auto Union und in der Trabantstadt erlebbar zu machen, ist unser Anspruch. Wir wollen den Fahrzeugbau in Zwickau und Westsachsen in seiner ganzen Vielfalt darstellen. Zugleich soll der Bogen in die Gegenwart und Zukunft geschlagen werden, wofür hier in Westsachsen namentlich die Marke Volkswagen steht. Dies verlangt die volle Kraft unserer doch recht kleinen Mannschaft und ist mit dem Aufwand für solch ein anspruchsvolles Treffen wie das ITT nicht zu stemmen. Im zwanzigsten Jahr seines Bestehens gibt es inzwischen eine enorme Erwartungshaltung, die wir als Museum auf hohem Niveau erfüllen wollen.
Dies ist und bleibt eine Herausforderung für das Team der 25 festen Museumsmitarbeiter; trotz
der Unterstützung durch rund vierzig Ehrenamtliche, durch unseren Förderverein und etliche Partner in der Region, für die wir sehr dankbar sind. Es funktioniert nur, wenn die Ressourcen auf den Kern, die museale Arbeit, fokussiert werden. Dafür müssen Manpower, Kraft, Ideen und nicht zuletzt die Finanzen konzentriert werden. Und: Mit unserem Museumsfest und dem Internationalen Trabantfahrer- Treffen würde es im Sommer zwei Großveranstaltungen dieser Dimension geben und das macht wenig Sinn.
Sinn macht stattdessen, das jährliche Museumsfest weiter zu profilieren und dem Thema Trabant dort seinen verdient großen Stellenwert zu geben. Und glauben Sie mir, wir haben uns die Entscheidung zum ITT nicht leichtgemacht.

Was gab am Ende den Ausschlag, es nicht mehr in Regie des August Horch Museums durchzuführen?

Wir haben das ITT 2022 sowie das Museumsfest dieses Jahres analysiert und uns die Fakten kritisch angeschaut. Dabei waren wir im Kontakt zu Partnern und Vereinen, darunter zu Intertrab, um das Für und Wider abzuwägen. Auch mit Thomas Winkelmann und seinen Mit streitern im Trabant-Club Zwickau e. V., die alljährlich die Treffen auf dem Flugplatz bewundernswert auf die Beine stellen, sind wir im Kontakt.

In unserem Museums team wird die Absage gleichfalls bedauert, denn wer die insgesamt fünf ITTs mitgestaltete, hat das mit Herzblut getan. Am Ende habe ich bei allen Beteiligten im Hause wie im Umfeld Verständnis gefunden sowie die Bereitschaft, das Museumsfest und andere Veranstaltungen zu untertützen.

Wie gestaltet sich die künftige Zusammenarbeit von Intertrab mit dem August Horch Museum?

Die Drähte sind kurz, nicht nur, weil Intertrab bei uns im Hause seinen Sitz hat. Der Vorstand um Wolfgang Kießling bespricht sich laufend mit uns, um das Thema Trabant in der Region und darüber hinaus am Brennen zu halten. Uns drückt der Schuh an der gleichen Stelle. Als Museum, das die Breite des Zwickauer Fahrzeugbaus widerspiegelt, sind wir auf die Kompetenz und Man power dieses Vereins und der Trabi szene überhaupt angewiesen.

Konkret wird Intertrab ein wichtiger Partner für unser Museumsfest sein, zu dem wir 2024 am
Wochenende des 20. und 21. Juli einladen. Eingebunden dabei ist die Oldtimerfahrt „Horch-Klassik” am Festsonntag. Das Jubiläum „60 Jahre Trabant 601” ist eines der Top-Themen für unser Museum, ebenso wie in der Region Westsachsen und natürlich in der internationalen Trabiszene. Am 1. Juni 2024, dem Tag des Serienanlaufs des P 601 damals, gibt es dazu eine „Frühschicht”. Passend zum Anlass startet sie um 6.01 Uhr. Intertrab hilft uns, den Geburtstagstisch zu decken und mit allen Freunden des Trabant den ganzen Tag über zu feiern. Hinzu kommen im Laufe des Jahres Events, bei denen wir das Internationale Trabant-Register unterstützen. Beispielsweise im letzten Dezember den Auftritt des Vereins zur Retro Classics Bavaria in Nürnberg oder das Format„Trabi & Friends” im März ’24 in der Messe Chemnitz.

Einblick in die Trabantaustellung im August Horch Museum.
Neben dem 60. Geburtstag des Trabant 601 gibt es weitere runde Sachen zu feiern. Welche?

Wenn man den Namen August Horch trägt, kommt man an zwei Daten nicht vorbei. 1899 gründete der Konstrukteur sein erstes Unternehmen in Köln-Ehrenfeld. Fünf Jahre später, 1904, folgte der Neustart in Zwickau. Diese Firma ist Ursprung für alles Spätere hier am Standort, für Horch und Audi, DKW und Trabant bis hin zu den Volkswagen-Fertigungsstätten in Westsachsen. Ja, und dann feiern wir als Museum selber Geburtstag. Uns gibt es immerhin auch schon seit zwei Jahrzehnten.

Wer die freie Zeit um den Jahreswechsel oder den Winterurlaub für einen Besuch im August Horch Museum nutzen möchte, was findet er Neues?

Empfehlen will ich vor allem die Sonderausstellung „Form vollendet? Aerodynamik im Automobildesign”. Sie ist noch bis zum 30. Juni 2024 hier an der Audistraße zu erleben. Die Exposition macht unter anderem mit der Windkanalforschung in der DDR bekannt, deren Ergebnisse freilich bei den dann produzierten Fahrzeugen kaum wirksam wurden. Gezeigt werden zahlreiche hochkarätige Exponate, darunter ein Lamborghini-Sportwagen und ein Rovomobil. Bei Letzterem handelt es sich um einen Pkw-Prototypen, der in den 1970er- Jahren in Halle entwickelt und gebaut wurde. Mit einem Luftwiderstandsbeiwert von 0,237 und kleiner Stirnfläche zählt er zu den strömungsgünstigsten Pkw überhaupt.
Übrigens, die zuletzt bei uns sehr erfolgreiche Sonderschau „Windschnittig? Automobil und Aerodynamik” wird jetzt parallel dazu im Audi museum mobile in Ingolstadt gezeigt.

Aus dem Terminkalender des Museums 2024

31. März und 27. Oktober:
Zeitsprungtage in der Tourismusregion Zwickau

8. Mai:
Eröffnung eines neuen Ausstellungsraums zum Leben von August Horch (anlässlich des 120jährigen Jubiläums seiner Niederlassung in Zwickau)

18. Mai: Internationaler Museumstag

1. Juni:
sechzigjähriges Jubiläum des Serienanlaufs des Trabant 601; Eröffnung mit dem „Frühschicht- Beginn” um 6.01 Uhr; vielfältiges Programm über den ganzen Tag.

20. und 21. Juli:
Museumsfest „Sommer, Sonne, OldtiMEER” mit der 12. August Horch Klassik (Oldtimerfahrt) am 21. Juli. bis 17. August: Oldtimerrallye Sachsen Classic (am 16. August Tagesstart vorm August Horch Museum)

Aktuelle Veranstaltungsinfos sowie Hinweise zur neuen Sonderschau finden Sie auf der Homepage. Außerdem auf den Facebook- und Instagram-Präsentationen des August Horch Museums.

Text/Fotos: August-Horch-Museum/Olaf Seifert

Trauer um den Technikhistoriker Prof. Dr. Peter Kirchberg

Prof. Dr. Peter Kirchberg, Jahrgang 1934, war habilitierter Historiker. Sein Fokus lag auf Gebieten der Wirtschafts- und Technikgeschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert. Er starb am 14. Oktober 2023.

Besonders hervorzuheben ist in Kirchbergs reicher Schaffenszeit sein Wirken für das August Horch Museum Zwickau, das er mit Beharrlichkeit und Überzeugungskraft initiiert hatte und dessen Beiratsvorsitzender er vom ersten Tage bis zur großen Erweiterung 2017 war.

Als Ergebnis eigener Forschungen sind weit über 150 Veröffentlichungen, darunter etwa zwanzig Monographien, zur Kraftfahrzeuggeschichte – insbesondere Sachsens – zu nennen. Einen herausragenden Anteil daran haben sein Hauptwerk „Plaste, Blech und Planwirtschaft – Die Geschichte des Automobilbaus in der DDR”, sowie „Vom Horch zum Munga” oder „Die Amerikaner und Wir”, erster Teil des Museums-Periodikums. 2009 wurde Prof. Peter Kirchberg namentlich für seine Forschungen und Publikationen zur sächsischen Kraftfahrzeuggeschichte mit dem „Goldenen Kolben” geehrt, der einzigen Auszeichnung für Automobil historiker in Deutschland. Auf dem Galadinner des 26. Automotive Forum Zwickau erhielt er am 5. Oktober 2022 den August-Horch-Ehrenpreis. Zuletzt wurde ihm am 6. Januar diesen Jahres nach mehr als sechs Jahrzehnte enger Verbundenheit mit dem Automobilbau Westsachsens durch die Stadt Zwickau die Martin-Römer- Ehrenmedaille verliehen.

Am 14. Oktober 2023 ist Peter Kirchberg im Alter von 89 Jahren verstorben. Das August Horch Museum Zwickau mit seinen Mitarbeitern hält sein Andenken in Ehren und wird ihn nicht vergessen.
August Horch Museum Zwickau