In den Multikulti-Großstädten klatschen die Menschen in die Hände, im Erzgebirge tippen sie sich an die Stirn. „Auf die gendergerechten Räucherfrauen haben wir schon lange gewartet. Endlich wird Volkskunst modern“, hört man da. „Vergreift Euch nicht an unserer Tradition“, hallt es dort.
Wie dem auch sei: Das vom Kulturhauptstadt-Fonds der TU Chemnitz mit 5.000 Euro geförderte Projekt „The Smoking Chemnitzer:in“ erforschte unter der Leitung von Dr. Melanie Hühn die Tradition von Räuchermännchen aus dem Erzgebirge und rückte gleichzeitig mit dem Entwurf neuer Räucherfiguren Frauen und andere marginalisierte Gruppen aus Chemnitz in den Fokus.
Sieben Studenten ließen die Köpfe qualmen, erfanden vier neue Räucherfrauen, die sie vom Schneeberger Holzgestalter Markus Weber anfertigen ließen: die Musikerin „Empowerella“, die queere Räucherfigur „Burning Gender“, eine „vietnamesische Pflegefachfrau“ und eine kritische Professorin.
Wichtig ist, dass darüber gesprochen wird…
Nimmt man diesen Grundsatz der Kunst als Grundlage – und mischt das Motto „C the Unseen“ (Das Ungesehene sichtbar machen) von „Chemnitz 2025“ dazu, dann erfüllt das Projekt „The Smoking Chemnitzer:in“ alle Erwartungen.
Denn: Die Entwürfe sorgen für Diskussionen, sorgen aber so eben auch dafür, dass das Thema überhaupt diskutiert wird.
Sieben Studenten der TU Chemnitz stellten sich die Frage: Warum sind Frauen in der Gilde der Räuchermännchen und in der erzgebirgischen Volkskunst unterrepräsentiert?
Tatsächlich kennt man Könige, Jäger, Husaren, Meister, sogar Türken, Gnome und allerlei Handwerker als Nußknacker oder räuchernde Gesellen. Frauen entspringen nur selten den erzgebirgischen Drechselbänken.
Ein Jahr lang befassten sich die Studenten mit der Problematik, setzten sich mit den Themen „Tradition“, „Gender“, „Stereotype“ und „Repräsentationen“ auseinander, besuchten „Männelmacher“ in ihren Werkstätten. Schließlich entstand die Idee: Wenn schon Frauen als Räuchermännchen, dass Vertreterinnen marginalisierter Gruppen. Vier wurden ausgemacht: „Frauen in der Wissenschaft“, „Queer sein in Chemnitz“, „Frauen in der Musikbranche“ und „Migrantinnen in der Altenpflege“. Diese Teilprojekte wurden abschließend in Form von vier neuen Räucherfiguren symbolisiert.
„Unser Ziel war es, marginalisierte Gruppen sichtbar zu machen und im regionalen Kunsthandwerk das Bewusstsein für Themen der Repräsentation und Stereotypen zu stärken“, erklärt Martin Liebau, einer der Studierenden der Projektgruppe.
Ziel erreicht!
Text: Sven Günther Fotos: TU Chemnitz